Die Gynäkomastie versus Lipomastie („Männerbusen“)

(Zuletzt bearbeitet im August 2021).

Die Männerbrust ist Symbol für Stärke, Vitalität und Virilität, genauso wie die Brust der Frau ein Symbol für Weiblichkeit und Fruchtbarkeit ist. Bei der Frau versteht man unter der „Brust“ eine Drüse, mit der der Nachwuchs mit Milch versorgt wird, bei den Männer besteht die Brust aus einem Muskel, dem Pectoralismuskel, der mehr oder weniger ausgeprägt sein kann.

Frauen und Männern liegt also ihre Brust buchstäblich am Herzen. Sie widmen ihr ein hohes Mass an Aufmerksamkeit, überlegen, wie sie ihre Architektur verbessern könnten. Die Brust nährt in aussergewöhnlicher Weise den Narzismus von Männern und Frauen.

Die nicht-muskuläre Vergrößerung der Brust, die Ausbildung eines Männerbusens beeinträchtigt den Narzismus des Mannes, zehrt an seinem Selbstwertgefühl. So sehr Männer Brüste bei ihren Sexualpartnerinnen schätzen, so sehr leiden sie an ihren eigenen.  Und wie es so spielt, ist die Gynäkomastie eine häufige Erscheinung bei sportlichen Männer, und das aus gutem Grund.

Weil diese Homepage kein Pathologielehrbuch ist, sondern nur einzelne Aspekte der Männergesundheit näher beleuchten will, sei gleich eingangs erwähnt, daß JEDE Vergrößerung der männlichen Brust zum Arzt gehört, denn sie ist nicht in jedem Falle harmlos.
Hier sprechen wir von der Gynäkomastie als gutartige Vergrößerung des männlichen Drüsenkörpers, die sich auch in der Mammosonographie, dem Brustdrüsenultraschall, nachweisen lässt.

Ihr gegenüber zu stellen wäre die Lipomastie, die Brustvergrößerung beim Mann auf Grund von Fett. Die Lipomastie wird auch bei jungen Männern immer häufiger, weil der junge Mann immer häufiger übergewichtig ist und zu wenig Sport betreibt.

Wo Männer „flach“ sein und über einen trainierten „Musculus pectoralis“ verfügen sollten, entwickelt sich eine der weiblichen Anatomie sehr ähnliche Brust.
Für die Laien unter meinen Lesern, was wohl die meisten von ihnen sein werden, muss ich noch erklären, daß bei Mann und Frau die Brüste als Milchdrüsenknospen gleichermaßen paarig angelegt sind. Daß sie bei der Frau wesentlich besser entwickelt sind und nach der Geburt eines Kindes sogar Milch produzieren, ist ausschliesslich den Hormonen Östradiol und Prolaktin zu verdanken, von denen Frauen mehr besitzen.

Und das ist auch gleich der springende Punkt: denn unter gewissen Umständen können auch Männer über recht ansehnliche Östradiolspiegel verfügen.
Wie schon im Kapitel „Die Östrogene des Mannes“ beschrieben, „macht sich“ auch der Männerkörper „sein“ Östradiol: überall dort, wo er es braucht (=> siehe im entsprechenden Kapitel) und leider auch in den Körperfettzellen, die bei vielen Männer in allzu großen Mengen vorhanden sind.
Kurz und gut: je höher der Körperfettanteil, desto höher der Östradiolspiegel!

Dr. Michael von Trotsenburg vom „Zentrum für Gender Dysphorie der Freien Universität Amsterdam“ hat 2005 beim Männerarztkongress auf Schloss Marbach einen vielbeachteten Vortrag über „Östrogene beim Mann“ gehalten und auf die enorme gesundheitliche Bedeutung der weiblichen Hormone bei Männern hingewiesen.

Als Männerarzt möchte ich dies aber relativieren: selbstverständlich sind Östrogene auch beim Mann von großer Bedeutung: für die Regulation der ossären Homöostase, die Entwicklung und Differenzierung des neuronalen Networks sowie die Spermatogenese kann der Männerkörper auf Östrogene nicht verzichten, doch auch hier gilt:allzuviel ist unerwünscht.
Bei Männern führen zu hohe Östrogenspiegel  zu einer „Verweiblichung“ des Körpers (die eigentlich einer Entmännlichung, Demasculinisierung entspricht), indem die Körperformen runder werden und die Brust zu wachsen beginnt. Dies ist die häufigste Ursache für eine Gynäkomastie.
Die Gynäkomastie als Folge eines zu hohen Östrogenspiegels sehe ich vor allem bei drei Gruppen von Männern:
1. die pubertierenden Jünglinge, die sehr häufig unter eine passageren Gynäkomastie leiden, meistens einseitig. Sie ist eine Folge einer Testosteronsynthesestörung des noch unreifen Hodens, sie gibt sich meistens sehr schnell.

2. die übergewichtigen Männer jeden Alters produzieren in ihren Fettzellen mehr Östradiol als ihnen gut tut. Die positiven Effekte der Östrogene auf den Körper und die Psyche werden durch die negativen wettgemacht: Männer mit Übergewicht und dadurch verursachten Gynäkomastien leiden vor allem in jungen Jahren unter ihrem äusseren Erscheinungsbild. Sie meiden es, sich in der Öffentlichkeit nackt zu zeigen und haben Probleme bei der Anbahnung von sexuellen Kontakten. Psychische Erkrankungen sind die häufige Folge.

3. die Kraftsportler, die Anabolika oder Testosteron zum Muskelaufbau verwenden und hier zu hohe Testosteronspiegel aufbauen. Je höher der Testosteronspiegel im Blut, desto höher der Östradiolspiegel, desto größer die Gefahr einer sich entwickelnden Gynäkomastie. Weil diese Männer schlank und eitel sind, scheuen sie auch nicht den Weg zum Arzt. Und das ist gut so.

Die Gynäkomastie als Folge eines zu hohen Östradiolspiegels beim Mann sollte abgeklärt werden. Erst wenn die Diagnose gestelllt ist und keine anderen Ursachen zugrunde liegen, kann man über mögliche Konsequenzen sprechen.

Die Therapie der Gynäkomastie

Die Gynäkomastie des Sportlers ist hormonell bedingt und daher ist es erforderlich, zuerst die Hormonspiegel zu normalisieren, anderfalls muss jede Therapie scheitern, auch die chirurgische.

Zuvor muss eine Gynäkomastie abgeklärt werden, jedenfalls durch einen Hormonstatus, manchmal auch durch eine Ultraschalluntersuchung (um andere Ursachen für eine Brustvergrößerung auszuschliessen).

Der Mann mit einer Gynäkomastie hat ausreichend Gründe, einen mit der Thematik vertrauten Arzt aufzusuchen. Auch wenn das Motiv meistens die Eitelkeit ist, geht es in der Realität viel mehr um die Belange der eigenen Gesundheit.