Gestagene für Männer

Gestagene,  die Gelbkörperhormone, sind  eigentlich die Schwangerschaftshormone der Frau und weil Männer nun mal nicht schwanger werden können, spielen sie beim Mann eine sehr  Rolle.

In letzter Zeit allerdings werde ich immer wieder damit konfrontiert, dass Männer mit Gestagenen behandelt werden, mit dem Ziel, den Testosteronspiegel zu heben.

Dies ist der Grund, warum ich mich entschlossen habe, auf das an sich nicht sehr ergiebige Thema „Gestagene beim Mann“ ein zu gehen.

Die Gestagene, deren Hauptvertreter „Pregnenolon“ ist, bewirken bei der Frau das Einnisten der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut. Sie sind die Schwangerschaftshormone, führen zu einer Anpassung des weiblichen Körpers an die bevorstehende Mutterschaft, machen den Körper und den Geist „rundlicher“, weiblicher und sozialer. Durch die Hemmung der Gonadotropine FSH und LH sorgen sie auch dafür, dass während der Schwangerschaft keine weiteren Eisprünge mehr stattfinden. Deshalb kann eine schwangere Frau nicht nochmals schwanger werden.

Auch beim Mann hemmen Gestagene das LH und das FSH, weswegen durch Gestagene die Testosteronsynthese und die Spermiogenese geblockt wird. Diese Wirkung wird in der Medizin nützlich verwendet, indem Gestagene als Testosteronblocker eingesetzt werden. Die wohl bekannteste Substanz mit starker testosteronsynthesehemmender Wirkung ist Androcur (Cyproteron), ein Gestagenabkömmling.

Meine Erfahrungen mit Patienten, die Gestagene in Selbstbehandlung einnehmen, zum Beispiel um den Haarausfall zu stoppen, lehren, dass die Einnahme von Gestagenen durch Männer zu einer deutlichen Verweiblichung des Körpers führen kann. Gestagene eignen sich daher nicht zur Behandlung des androgenetischen Haarausfalles beim Mann. Grundsätzlich ist die Verabreichung von weiblichen Hormonen an Männer nur bei Geschlechtsindentitätsstörungen indiziert.

Manche Ärzte glauben, dass Gestagengaben bei Männern deren Testosteronspiegel heben. Sie erklären dies damit, dass Gestagene in der Synthesesequenz die Vorstufe des DHEA sind, einem schwach wirklenden Androgen aus der Nebenniere. Wie eigene Überprüfungen beweisen geht auch diese Rechnung nicht auf. Für die Metabolisierung von Pregnenolon in DHEA bedarf es nämlich eines ganz konkreten Enzyms, das bei den Männern nicht oder nur in ganz bestimmten Zellkulturen exprimiert ist.

Ausserdem ist DHEA ein nur schwach wirksames Androgen (vermännlichendes Hormon), es wird aber je nach Körperbau vor allem in Östrogen umgewandelt, was wiederum kontraproduktiv auf die Androgenizität der Männer wirkt.

Alles in allem muss von Gestagengaben bei Männern gewarnt werden. Seine Wirkung entspricht mit Sicherheit nicht den Erwartungen der Männer, vor allem ist nicht mit einem Anstieg des Testosteronspiegels zu rechnen, sondern mit dem Gegenteil.

Gestagene haben neuesten, revolutionären Forschungen zufolge einen regenerativen Effekt auf Nervenzellen. Sowohl das Progesteron, aber auch dessen Vorstufe, das Pregnenolon aktivieren den LIF, den Leucaemia inhibiting factor, der nicht nur Leukämie (Blutkrebs der weissen Blutkörperchen) verhindert, sondern auch  die Schwan`schen Zellen zu regenerativem Wachstum aktiviert. Diese Schwan`schen Zellen bilden die Hülle von Neuronen (Nervenzellen) und sie haben u.a. die Aufgabe, bei einem Bruch des Nervenstranges dessen Regenerationsweg zu bahnen.

Mit Pregnenolon ist es ausserdem möglich, bei Patienten beiderlei Geschlechts die kognitive Aktivität zu steigern. Bei verschiedenen Formen von Gedächtnisstörungen gibt es mit Gestagengaben hoffnungsvolle Ansätze.

Der Einsatz von Gestagenen bei Männern ist derzeit nur ganz speziellen Indikationen vorbehalten, zum Beispiel Burn-Out, Alzheimer oder senile Demenz. Doch auch hier ist einem höheren Ziel folgend die negative Wirkung von Gestagenen auf die Körperlichkeit des Mannes zu berücksichtigen.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Gestagene sind bei Männern nur eine Ausnahmeoption.