Distanz

Nichts ist so wenig aufregend wie das was man schon kennt. Diese Weisheit ist uns allen geläufig, betrifft alle Bereiche des täglichen Lebens, ganz besonders aber das Bett!

Evolutionsbiologisch ist die Sexualität des Mannes darauf abgestellt, sein Erbmateriel möglichst weit zu verbreiten und auf möglichst viele Partnerinnen zu verteilen. Dass übrigens auch Frauen in den Tagen vor dem Eisprung große Lust darauf verspüren, sich mit einem noch unbekannten Mann einzulassen, ist auch kein Geheimnis.

Wir Männer sind also (von Natur aus) Jäger und ich denke wir wollen das gar nicht leugnen. Das Schönste ist doch, jemanden kennen zu lernen, zu flirten, auszuloten, wie weit man gehen kann und was alles möglich wäre, ohne dieses „Alles“ dann tatsächlich auskosten zu müssen oder zu wollen. Das Spiel mit dem Feuer ist eben das Salz in der Suppe des Lebens.

Dabei wollen wir bei allem Jagdtrieb aber unsere Beziehung nicht gefährden, denn neben der Lust zur Jagd gibt es noch den tiefen Wunsch nach Vertraulichkeit, Geborgenheit und Zusammengehörigkeit, lauter Bedürfnisse, die wir Männer nur in einer fixen Partnerschaft geniessen können.

Wie aber sollen wir dies alles unter einen Hut bringen? Was ist des Rätsels Lösung?

Der Alltag in der Beziehung führt zu sexueller Unlust. Man kennt seine/n  Partner/In allzu genau, es gibt nichts mehr zu erobern oder zu entdecken, und das ist es eben, was uns Männern zu schaffen macht. Dabei wäre es so einfach, frischen Wind in das Beziehungsleben zu bringen, durch Abstand voneinander.

Es gehen sicher mehr Beziehungen durch ein Zuviel an Zuwendung zugrunde, als durch zu wenig.

Gönnen Sie sich und Ihrer Liebe mehr Freiraum, sorgen Sie dafür, daß wieder frischer Wind in Ihre Beziehung kommt, man sich wieder aufeinander freuen kann, durch zeitweise Trennung voneinander. Pflegen Sie alte Bekanntschaften und fahren Sie durchaus mal alleine auf Urlaub. Jede tragfähige Beziehung hält das aus, ganz im Gegenteil, sie hält das nicht nur aus, sie profitiert auch davon.

Liebe ist (auch) loszulassen!

In einem Buch des Soziologie-Professors Reimer Gronemeyer (Gießen) mit dem Titel „Die neue Lust an der Askese“ (Berlin 1998) heisst es im Kapitel über den öffentlichen Sex: „In der Treibhausschwüle des sexualisierten Alltags scheint die erotische Phantasie nicht mehr Tat werden zu können. Der öffentliche Sex tötet den privaten Eros!“

In der Tat scheint die Allgegenwart der Sexualität im öffentlichen Leben das Sexualleben eher negativ zu beeinflussen als es zu beflügeln.

Es schreibt das deutsche Internetportal „Web.de“ am 17. Juni 2008:

„Die kontinuierliche Enttabuisierung von Sex seit dem letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts, seine Allgegenwart in der Öffentlichkeit, in der Werbung, im Fernsehen, in der Presse und in der Literatur, hat nicht etwa dazu geführt, dass mehr Sex praktiziert wird, sondern dazu, dass den Menschen die Lust darauf offensichtlich mehr und mehr vergeht.“

Der Forscher Peter Fiedler, der klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Heidelberg lehrt, schreibt dazu in „Gehirn & Geist“: „In dem Maß, wie die traditionelle Sexualmoral mit ihren Verboten, Sanktionen und Schuldgefühlen verschwand, machte sich scheinbar Langeweile breit. Offensichtlich besaßen gerade die unerfüllten, oft verbotenen oder tabuisierten sexuellen Wünsche und Bedürfnisse eine große Triebkraft.“

Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung „Gehirn & Geist“ (Heidelberg) verzeichnet Expertenbefunde, wonach die sexuelle Aktivität der Deutschen seit den 1980er und 1990er Jahren stetig abnimmt. Eine Studie der Universität Göttingen, für die 13 483 Männer und Frauen in festen Beziehungen befragt wurden, ergab, dass 17 Prozent während des Untersuchungszeitraums von vier Wochen überhaupt keinen Geschlechtsverkehr hatten. 57 Prozent, also die Mehrheit der Paare, gab an, im fraglichen Monat einmal mit dem Partner verkehrt zu haben. Nur rund jeder Vierte tat dies regelmäßig ein- bis zweimal pro Woche, hält der Bericht fest, über den es auf der Titelseite heißt „Keine Lust auf Sex? Warum die Liebe Tabus braucht“.

Singles haben noch seltener Sex. Eine Untersuchung des Sexualwissenschaftlers Gunter Schmidt an knapp 800 Hamburgern und Leipzigern ergab, dass 60 Jahre alte Partner im Durchschnitt sexuell aktiver sind als 30 Jahre alte Singles.