Sexualität ist Kommunikation

(Zuletzt bearbeitet im August 2021).

Grundsätzlich umfasst die Sexualität beider Geschlechter 3 Dimensionen, die gemeinsam das Besondere an der Sexualität von uns Menschen darstellen. Während nämlich im Tierreich die reproduktive Dimension der Sexualität im Vordergrund steht, wiewohl auch nicht ausschliesslich, kennt die Sexualmedizin bei den Menschen noch eine Lustdimension und eine soziale Dimension.

Die reproduktive Dimension der Sexualität wollen wir hier nur mehr kurz streifen, denn sie wurde ausführlich besprochen. Es ist unbestritten, daß Sex im Sinne der Evolution und im Sinne eines Schöpfers der Fortpflanzung dient. Doch das Ansinnen, Sex dürfe ausschliesslich der Fortpflanzung dienen, muß als zu einfach zurückgewiesen werden. Denn dann dürften Paare mit nachgewiesener Unfruchtbarkeit eines der beiden Sexualpartner keinen Sex mehr haben, weil sie ja kein Kind zeugen können. Frauen jenseits der Menopause oder Frauen nach Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter) dürften keinen Sex mehr haben, weil sie ja nicht mehr schwanger werden können und logischerweise dürften Homosexuelle keinen Sex haben, weil auch hier keine Schwangerschaft entstehen kann.

Diese gesamte Argumentation ist allerdings nicht mehr zeitgemäß, denn die moderne Medizin gesteht der Sexualität des Menschen auch eine soziale Dimension zu.

Die soziale Dimension des Sexualität sieht den Sex als die intimste Form der Kommunikation in einer Liebesbeziehung, wie es sie wahrscheinlich nur beim Menschen gibt.

Der Mensch ist grundsätzlich auf Bindung und Beziehung programmiert, er ist ein zoon politicon, ein „politisches Wesen“, wobei sich eine „Beziehung“ durch Kommunikation definiert. Kommunikation kann grundsätzlich verbal und non verbal sein, und  „es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren“ (Watzlawik).

„Sex verkörpert den Geist der Beziehung!“ (Loewit). Wer sich „im Bett“ nichts zu sagen hat, wird sich auch bei Tisch kaum was zu sagen haben….!

Nichts kann besser gegenseitiges Vertrauen aufbauen und auch widerspiegeln, nichts kann besser Wertschätzung, Geborgenheit, ganz einfach Liebe signalisieren, als ein einfühlsamer, zärtlicher Sex.

Und durch nichts kann schlimmer Verachtung und Geringschätzung vermittelt werden, als durch sexuelle Verweigerung.

Die Lebensqualität eines jeden einzelnen Menschen hängt von der Erfüllung der psychosozialen Grundbedürfnisse ab, die da wären: Erfüllung des Bedürfnisses nach Zugehörigkeit, nach Annahme und Wertschätzung, nach gegenseitigem Respekt, nach Zuwendung, Nähe und Wärme, Geborgenheit und Sicherheit, Lieben und geliebt werden.

Das Fehlen einer sexuellen Beziehung wird von den meisten Menschen als schweres Defizit empfunden;…sie fühlen sich ungeliebt und nicht begehrt. Hier sind die psychosozialen Grundbedürfnisse nicht oder nur teilweise erfüllt, deshalb führt dies sehr häufig zu Depression und Krankheit.

Aus dieser Argumention heraus hat Sex auch seine Berechtigung, wenn nicht der Wunsch nach Fortpflanzung besteht oder der Wille zur Fortpflanzung nicht erfolgreich sein kann. Sex ist in diesem Fall das Elixier der Liebe zwischen zwei Menschen, welches in einer aufgeklärten Beziehung unverzichtbar ist.

Und schliesslich, aber nicht minder wichtig, ist da noch die Lustdimension der Sexualität, über die zu schreiben wahrscheinlich am delikatesten ist. Allzu lange wurde „Lust“ an sich dämonisiert und tabuisiert, als etwas Schmutziges und Sündiges dargestellt. Die Fleischeslust als schnellster Weg in die Hölle.

Doch auch „Lust“ ist ein legitimer Bestandteil des Lebens, „gottgegeben“ und dem Menschen eigen. Sie umfasst  wesentlich mehr als bloß die Sexualität. Die Lust am Essen, am Trinken, an der Musik und all den anderen Genüssen machen das Leben erst lebenswert.

Auch die Verleugnung lustvollen Lebens kann zu Depression und Krankheit führen, wenngleich – um nicht inflationär zu werden – Lust auch seine Grenzen haben muss.

Die Lust am Essen sollte ja auch nicht zu Übergewicht führen…und tut sie es doch, dann ist sie nicht mehr gesund.