Der Check nach STD`s: was man als Arzt wissen sollte.

(Zuletzt bearbeitet im Dezember 2021).

Begriffsbestimmung:

STD = sexually transmitted disease = sexuell übertragbare Erkrankung = darunter versteht man Erkrankungen, die auch durch Sexualität übertragen werden können.

Geschlechtskrankheiten = Venerea = darunter versteht man jene Erkrankungen, die überwiegend bis ausschliesslich durch Sexualität übertragen werden.

Abstrich: einen Abstrich zu nehmen, bedeutet von einem Körperteil oder aus einer Körperhöhle Sekret zu entnehmen, meist mit Hilfe eines Stäbchens, auf dem sich ein kleiner Wattebausch befindet.

***

Die Untersuchung eines Mannes auf sexuell übertragbare Erkrankungen ist das tägliche Brot des Männerarztes und auch anderer medizinischer Disziplinen. Soweit so gut, dies ist jedenfalls keine Neuigkeit.

Was aber für Viele neu zu sein scheint ist die Notwendigkeit, vor einer Untersuchung die Sexualpraktiken des Patienten zu erfragen. Die Frage ist: was genau ist im Bett passiert und auf welche Weise. Die Frage nach dem Geschlecht des Sexualpartners* ist ein Teil der Sexualanamnese. Hier gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten:

  1. der Partner* (des Mannes) war eine Frau: wäre dies so gewesen sind weitere Fragen fast überflüssig, denn nur der Mann kann die Frau penetrieren, nicht umgekehrt. Allenfalls müsste man erfragen, zu welcher Art von Penetration es gekommen ist, anal?, vaginal? oder oral?.
  2. der Partner* (des Mannes) war ein Mann: wäre dies so gewesen ist eine genaue Exploration der Sexualpraktiken unumgänglich, denn zwei Männer können sich gegenseitig penetrieren. Diese Eigenheit der gleichgeschlechtlichen Sexualität unter Männern nennt man „Versatilität“. Viele Männer, bei weitem aber nicht alle, klassifizieren sich selbst als versatile, das heisst, die Sexualität ist rezptiv und penetrativ gleichzeitig. Dass es hier sehr viel mehr Möglichkeiten zur Übertragung von Infektionskrankheiten ergibt, ist selbstredend.

Die Exploration des Geschlechts des Sexualpartners und der geüben Sexualpraktik bestimmen das weitere Vorgehen, vor allem bei der Abnahme von Abstrichen. Mit dem einem Fachmann zumutbaren Wissen lassen sich dann jene Abstriche nehmen, die alle Übertragungswege erfassen. Als Beispiel führe ich hier eine der häufigaten Geschlechtskrankheiten an: den Tripper (Gonorrhoe). Gonokokken (die Erreger der Gonorrhoe, auch Neisseria gonorrhoea genannt) findet man nicht nur in der Harnröhre von Männern, sondern je nach gepflogener Sexualpraktik auch im Mund (oral) oder am After (anal). Es ist daher erforderlich, vorher nach den möglichen Eintrittspforten zu fragen.

Die Unterlassung eines entsprechenden Anamnesegesprächs und die nicht fachgerechte Abklärung können falsch negative Befunde ergeben und somit künftige potenzielle Sexualpartner gefährden.

Ich unterstelle niemandem, mutwillig erforderliche Explorationsschritte zu unterlassen. Viel mehr besteht Anlass zur Vermutung, dass ein mit den Sexualpraktiken homosexueller Männer nicht vertrauter Arzt wenig Vorstellungskraft über den Ablauf gleichgeschlechtlicher Sexualität unter Männern hat.

Es empfiehlt sich daher, mit der Materie vertraute Ärzte auf zu suchen.

Der komplette Untersuchungsgang auf STD`s bei homosexuallen Männern unfasst daher folgende Schritte:

1. Genaue Sexualanamnese wie oberbereits erklärt.

2.Inspektion (Betrachtung) des komplett entkleideten Mannes auf äusserliche Auffälligkeiten, denn manche STD`s können nur    durch Inspektion erkannt werden, zum Beispiel der Befall mit Feigwarzen (Condylomata accuminata).

2. Harnbefund aus Initialharn

3. Blutbefund: HIV etwa lässt sich nur laborchemisch erfassen

4. Abstriche aus den als Eintrittspforten in Betracht kommenden Körperöffnungen

5. weiterführende Untersuchungen, etwa Sonographie der Prostata oder der Hoden.

Sexuell aktive Männer sollten sich regekmäßig auf STD`s untersuchen lassen. Selbst dann wenn sie die Regeln des Safer Sex beachten oder auf PrEP sind. Gerade die immer weiter verbreitete Medikation zur Verhinderung von Infektionen mit HIV scheint die Inzidenzrate an anderen Infektionserkrankungen nach oben schnelle zu lassen, weil häufig auf das Condom verzichtet wird. (Der Verzicht auf ein Condom ist jedenfalls nicht empfohlen).

Haben Sie Fragen?  maennerarzt@me.com

* = bezieht sich auf beide Geschlechter