Ursachen der männlichen Homosexualität

Über Ursachen der männlichen Homosexualität zu sprechen ist ein gefährliches Spiel. Denn kaum glaubt man die Ursache zu kennen, riefe man alsbald auch Heiler auf den Plan, was es zu verhindern gilt. Dennoch ist es legitim, sich die Frage zu stellen, wie es denn dazu kommt, dass Männer auf ihr eigenes Geschlecht orientiert sind, genauso wie es legitim ist, herausfinden zu wollen, warum Mozart ein so begnadeter Künstler war.

Nun Mozars Gehirn lässt sich nicht mehr untersuchen. Er ist schon lange tot und niemand weiß, wo er begraben liegt. Die Hirne homosexueller Männer aber lassen sich sehr wohl untersuchen, mit Hilfe moderner Methoden wie Hirnspektographie oder Electroencephalographie. Aller modernen Methoden zum Trotz konnte man bis heute keine anatomischen Unterschiede von homosexuellen Gehirnen zu denen ihrer heterosexuellen Geschlechtsgenossen feststellen. Ganz im Gegenteil zu den lesbischen Frauen, wo dies sehr wohl gelang (Bosinski et al.).

Fest steht, dass jener Teil des Sexualzentrums, der das Geschlecht des bevorzugten Sexualpartners* bestimmt, weiblich angelegt sein muss, denn es ist weiblich, Männer zu präferieren. Es stellt sich daher die Frage, was hier vor sich geht, dass sich im Körper eines Mannes ein partiell weibliches Gehirn entwickelt.

Damit ein Mann mit einem männlichen Gehirn zur Welt kommt, bedarf es eines hohen Testosteronspiegels in der 9. bis 18. Schwangerschaftswoche (Androgenisierungsmodell Woodson&Gorski 1999, Hines 2003). Davor ist der heranwachsende Winzling* ungeschlechtlich und bipolar angelegt. Die 9.- 18. Schwangerschaftswoche ist jene Zeitspanne, in der zunächst der Körper androgenisiert (vermännlicht) wird, – da entwickeln sich auch die Genitalien -, und dann das Gehirn. Die dafür erforderlichen hohen H0rmonspiegel stammen bereits aus dem eigenen Hoden des heranwachsenden „Jungen“, der so klein, etwa 3,5 Zentimeter, noch als Zygote bezeichnet wird. Solch komplexe Vorgänge unterliegen Schwankungen, die wiederum für den Androgenisierungsgrad eines Mannes verantwortlich sind. Sie sind es auch, die den fließenden Übergang vom Weiblichen in das Männliche bedingen.

Schwankungen in der Testosteronversorgung der männlichen Zygote können verschiedene Ursachen haben. Laut Prof. Bosinski/Kiel gibt es einen Zusammenhang zwischen der Homosexualität eines Mannes und der Anzahl seiner älteren Brüder. Sehr vereinfacht erklärt, beruht dies auf der Entwicklung mütterlicher Abwehrstoffe gegen das Y-Chromosom, das ja primär in einem Frauenkörper nicht existent ist und dort als Fremdkörper empfunden wird. Die Beschädigung des Y-Chromosoms führt zur Defizienz der Hoden, diese wieder zu einer verminderten Hormonausstattung des heranwachsenden „Jungen“. Epidemiologischen Studien zufolge steigt mit jedem älteren Bruder die Wahrscheinlichkeit, dass der jüngere Bruder homosexuell wird, um 33%.

Dies bedeutet aber nicht, dass zwingend jeder vierte Sohn einer Frau homosexuell sein muss, auch gibt es viele homosexuelle Männer, die gar keine älteren Brüder haben. Es muss also auch noch andere Faktoren geben, die das Testosteron in dieser komplexen Phase der Entwicklung zum Mann beeinflussen.

Hierfür gibt es Hypothesen, Beweise wird es niemals geben, denn jedwedes Experimentieren verbietet sich beim Menschen aus ethischen Gründen. Nur Pariaregime lassen sich verleiten, am lebenden Menschen zu experimentieren. Alle Hypothesen aber arbeiten auf Basis derselben Grundannahme, nämlich einer Varianz des Testosteronspiegels zum Zeitpunkt der geschlechtstypischen Ausgestaltung des Gehirns und vor allem der Sexualzentren.

Was also muss denn passieren, dass der Testosteronspiegel einer heranwachsenden Zygote so stark abfällt um die Androgenisierung des Gehirns nicht vollständig ablaufen zu lassen? Experten nennen als erste Ursache verallgemeinernd den Stress der Mutter. Stress in der Schwangerschaft lässt das Cortisol der Mutter steigen, welches antigonadotrop wirkt und das LH im Mutterleib senkt. Genau dieses LH ist aber der Stimulus zur Testosteronbildung im Körper der Zygote. Stress der Mutter führt also zu Testosteronmangel im Körper eines heranwachsenden, späteren Jungen.

Im selben Zusammenhang wird Nikotinkonsum der Mutter genannt. Es ist hinlänglich bekannt, dass Nikotin eine Art Stress verursacht, wodurch die oben geschilderten Vorgänge begünstigt werden.

Wie gesagt: alles Hypothesen, zum Teil allerdings durch Tierversuche und empirische Forschungen untermauert. Was aber als gesichtert erscheint, ist die Bedeutung des Testosternspiegel zu einem gewissen Zeitpunkt der Schwangerschaft zur Prägung der sexuellen Orientierung eines Mannes.

Die sexuelle Orientierung wird biologistisch prädeterminiert.

Die immer wieder beschworenen psychosozialen Faktoren spielen hierbei keine Rolle, denn ein Kind im Mutterleib unterliegt ihnen nicht. Sie spielen aber später eine Rolle, denn sie bestimmen, wie weit ein Mann die in ihm angelegte sexuelle Orientierung an zu nehmen und zu leben bereit ist.

Die Psychologie bestimmt den Stellenwert von sexueller Orientierung im eigenen Ich. Fühlt ein Mann sich schlecht oder gut nach der Erkenntnis schwul zu sein (Coming-Out)? Wird er damit umgehen können? Oder daran zerbrechen? Die psychosexuelle Entwicklung spielt hier die einzig wesentliche Rolle. Sie besteht aus jenen Erfahrungen im Umgang mit Homosexualität, die in der Zeitspanne zwischen Geburt und sich einstellender Pubertät gemacht werden.

Die Sozialisation, der Einfluß der Gesellschaft und des sozialen Umfeldes ist ein weiterer Faktor, der bestimmend wird im Umgang mit Homosexualität, sowohl mit der eigenen, als auch mit der der anderen. Tolerante Gesellschaften machen es einfacher, Homosexualität zu leben. Offene Gesellschaften weisen daher einen höheren Prozentsatz an homosexuellen Männern auf. Nicht deswegen, weil es tatsächlich mehr gibt, sondern weil sich mehr Männer dazu bekennen. Aus der Fehlinterpretation dieser Fakten wird immer noch – natürlich fälschlicherweise – behauptet, ein Mann könne durch Vorbildwirkung schwul werden. Dies ist natürlich purer Unsinn, weil ja – wie oben ausführlich beschrieben -, biologistische Faktoren im Mutterleib für die Entstehung von Homosexualität die Ursache sind.

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Nachsatz:

Als Erkenntnis aus diesen Ausführungen kann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit behauptet werden, dass

1. männliche Homosexualität im Mutterleib entsteht, ganz ohne jedwede Möglichkeit zur Einflußnahme;

2. somit angeboren, aber nicht genetisch bedingt ist (!);

3. Therapie nicht nur nicht erforderlich ist, sondern auch zwecklos;

4. Homosexualität nicht durch Vorbildwirkung erlernbar ist;

4. die sexuelle Orientierung grundsätzlich unveränderbar ist. Die Behauptung, Homosexualität könne man heilen durch die Gründung einer heterosexuellen Beziehung, ist ebenso naiv wie falsch.

 

Dr. Georg Pfau, Männerarzt, Sexualmediziner

zuletzt bearbeitet im Oktober 2021.

 

*gilt für beide Geschlechter