Finasteridbehandlung bei Haarausfall

Sehr geehrter Herr Dr. Pfau,
zunächst einmal möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Homepage außerordentlich informativ und aufklärend finde. Das hat mich auch dazu bewogen, Ihnen „mein Problem“ zu schildern.

Vielleicht können Sie mir einen Ratschlag auf meine Fragen geben. Sie bieten dies ja auch ausdrücklich auf Ihrer Hompage an.
Zu meiner Person: Ich bin .. Jahre alt und benutze seit gut 3 Jahren den Wirkstoff Finasterid zur Behandlung meines androgenetischen Haarausfalles. Mit der Wirkung bin ich im Großen und Ganzen zufrieden. Mein Arzt hat mir das Mittel Propecia verschrieben, nachdem eine dreimonatige „Pantostin-Kur“ bei mir nicht angesprochen hat. Ich habe Propecia ca. 1 Jahr lang eingenommen und bin dann auf das kostengünstigere Proscar (1/4 tägl.; am 5. Tag aussetzen) umgestiegen, was laut meines Hausarztes auch problemlos möglich ist.

Wie Sie wissen, weist die Packungsbeilage/ Firma bei etwa 1% der Anwender auf mögliche Veränderungen im Sexualbereich hin (z.B. Libidoabschwächung, ED, usw.) Die einzigen Nebenwirkungen, die ich in den ersten Tagen nach der Einnahme verspürte waren Hodenschmerzen, die nach oben etwas ausstrahlten. Diese sind, wie ebenfalls in der Beilage erwähnt nach etwa 2 Wochen vergangen.
Da ich sonst keine weiteren Veränderungen an mir feststellte, nahm ich das Mittel auch weiterhin ein. Nach etwa 2 Jahren habe ich die Dosis etwas reduziert, teilweise auf jeden dritten Tag, worauf ich aber wieder einen verstärkten Harrverlust verzeichnen konnte.

Trotzdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob das Medikament auf Dauer nicht doch Nebenwirkungen im Sexualbereich hervorruft. Schließlich, und das schreiben Sie auch auf Homepage, ist es so, ich zitiere „daß die Beziehungen der Hormone zueinander mannigfaltig sind und auch bis heute noch nicht zur Gänze erforscht sind. Jede Manipulation an einem Hormon hat somit Auswirkungen auf viele andere Hormone.“

Seit ein paar Tagen achte ich jetzt ganz gezielt auf körperliche Veränderungen. Ich glaube, dass meine Libido nicht mehr so stark ausgeprägt ist wie früher.  Auch davon habe ich in Internetforen gelesen.

-Was halten Sie von einer längeren Einnahme von Finasterid?
-Glauben Sie, dass es sich langfristig schlecht auf die Sexualität auswirkt?
-Denken Sie, dass es zu Langzeitschäden nach Absetzen kommen könnte? (Habe darüber gelesen)?
-Verursacht eine Senkung des DHT zwangsläufig eine Erhöhung an Östradiol und damit ohnehin Impotenz?
– Müsste nicht eigentlich die Libido nach Einnahme von Fin zu statt abnehmen: Testosteron wird doch erhöht?

Vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit!

Mit freundlichen Grüßen

Lieber Herr ……!

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich werde sie punktweise abarbeiten.

1.Es gibt für Finasterid zwei Einschränkungen. Der ihnen bekannte Libidoverlust, und ein Verbot der Zeugung von Kindern, d.h. wenn Sie einmal auf Nachwuchs hinarbeiten werden, müssen Sie Finasterid absetzen.
2. Da Sie zur Zeit keine Partnerin haben, muss man zur Beurteilung der Libido die Masturbationsfrequenz heranziehen. Die Frage zur Beurteilung Ihrer Libido ist daher NICHT „Wie oft haben Sie Sex?“, sondern „Wie oft masturbieren Sie?“ Junge Männer masturbieren auch mehrmals täglich, das ist in Ordnung und soll auch so sein….von einem Libidoverlust kann man erst dann sprechen, wenn die Ejakulationsfrequenz (in diesem Fall Masturbationsfrequenz)  merklich zurückgegangen sein sollte.
3.Finasterid kann die Libido vermindern, macht aber kaum Erektionsstörung. Sollte es dennoch so sein, empfiehlt es sich die Finasteridbehandlung zu überdenken. Wenn nach dem Absetzen die Libido größer oder die Erektion besser ist, dann ist der Beweis erbracht, dass die Störung finasteridbedingt war. Die Fortsetzung der Behandlung ist aber dann nicht sinnvoll.
4.Finasteride ist für Sie nach menschlichem Ermessen nicht schädlich, ganz im Gegenteil, es vermindert nicht nur den Haarverlust, sondern auch die mit dem Haarverlust einhergehende hohe Neigung zu Herzinfarkt und Prostatacarcinom. Ich würde Ihnen daher empfehlen, es weiter zu nehmen. Die Einnahme sollte regelmäßig sein und nicht sporadisch, da können Sie gleich damit aufhören, was ich aber nicht empfehle.
5. Jungs, die von mir Finasterid bekommen, kontrolliere ich einmal im Jahr auf mögliche Nebenwirkungen. Da wird Blut abgenommen, die mit dem Finasterid in Verbindung stehenden Hormone gemessen, Ultraschall der Prostata und der Hoden gemacht und das Sperma beurteilt. Ich würde Ihnen das auch empfehlen.
6. Informationen aus dem Internet sind zu hinterfragen, vor allem, was in Laienforen steht. Auch ich habe Patienten, die alle möglichen Störungen auf eine Finasterideinnahme zurückführen, was sich aber bei näherer Betrachtung als nicht haltbar erweist . Menschen suchen nach Ursachen für Störungen und nehmen lieber falsche Erklärungen in Kauf als keine zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr.Georg Pfau, Sexualmediziner