Pornographie

Das Wort „Pornographie“ ist in der burgeoisen Welt negativ besetzt. Die Sexualmedizin verurteilt sie nicht, sondern rehabilitiert sie als Möglichkeit, das Sexualleben eines Pärchens zu beleben. Diese Kolumne möchte Pornographie nicht verurteilen, sondern versucht eine Definition des Begriffes. „Erotik“ hat mit Pornographie nichts zu tun. Sie ist die Freude am Körper und der Zuneigung eines begehrten, meistens auch geliebten Menschen. Pornographie wäre der Sex ohne Liebe, Erotik ist aber voller Sinnlichkeit und Emotionen. Ich wünsche Ihnen allen mehr Erotik!

Aus dem Altgriechischen übersetzt heißt „Pornographie“ etwa „die  Darstellung von Sexszenen mit Huren“. Heute meint damit wesentlich mehr, sicher nicht bloß Sex mit Prostituierten, sondern jedes Tragen von Sexualität in die Öffentlichkeit. Dabei ist es wesentlich, dass es sich um Bildmaterial für die Öffentlichkeit handelt, also auch außerhalb einer Beziehung gesehen werden kann. Wenn durch ein in Liebe verbundenes Pärchen für die Belebung des eigenen Sexuallebens erotische Filme verwendet oder sein privates Video dreht, hat das mit Pornographie nichts zu tun.

Meine Interpretation für Pornographie ist noch wesentlich weiter gefasst. Ich denke, jeder „Sex ohne Liebe“ ist Pornographie. Darunter fällt nicht bloß Bildmaterial mit Sexdarstellungen, sondern jeder flüchtige Sex wie One-Night-Stands oder andere sexuelle Handlungen außerhalb einer durch Emotionalität geprägten Beziehung.

Geschichte der Pornographie
Ich kenne keine genauen Daten, doch Pornographie ist sicher so alt wie die Menschheit selbst. Es gibt jedenfalls prähistorische Höhlenzeichnungen mit pornographischen Inhalten, Vasenmalereien, Wandfresken aus der Zeit der Antike und jeder kennt die Darstellungen des Kamasutra. Jede Epoche bedient sich der Technik, die sie beherrscht, heutzutage versteht man unter einem „Porno“ eben einen Film auf Tape oder DVD oder aus dem Internet. Welches bildgebende Medium auch immer in der Zukunft entwickelt werden wird, es wird auch „Pornos“ transportieren, dafür sorgt schon der riesige, milliardenschwere Markt der Pornographie.

Pornographie als Markt
12% aller Websites sind Pornoseiten; 25% aller Suchanfragen haben einen sexuellen Bezug;            68 Millionen Mal täglich wird der Begriff „porn“ in Google eingegeben; 60% der 11 bis 14-Jährigen schauen im Internet Pornos; 13% der Frauen sehen während der Arbeit Pornos; 100 Milliarden $ Umsatz in der Sex-Branche 2006 weltweit.
Dies alles beweist den Stellenwert der Sexualität für das Glück des Menschen und dessen Bedürftigkeit.

Pornographie in der Sexualmedizin
Eines der Paradigmen aus dem heraus sich die Sexualmedizin definiert ist, dass Lebensglück eng mit einer glücklichen Beziehung verflochten ist. Eine glückliche Beziehung braucht aber ein intaktes Sexualleben und somit ist Sexualität einer der unverzichtbaren Voraussetzungen für ein glückliches Leben. Die Sexualmedizin sieht Sexualität als Kommunikationsform innerhalb einer Beziehung, Sex außerhalb einer Beziehung geht daher am eigentlichen Sinn vorbei und wird daher nicht propagiert.
Doch auch wenn Sex ohne Liebe nicht glücklich macht und außerhalb des sexualmedizinischen Selbstverständnisses liegt, darf er nicht stigmatisiert werden. Es gibt Pornographie und es wird sie immer geben. Jede Stigmatisierung oder gar Kriminalisierung muss vermieden werden, man darf aber daran zweifeln, dass sie auf Dauer glücklich macht und das sollte auch transportiert werden. Das Glück des Menschen als „soziales“ Wesen liegt in einer Beziehung zu einem anderen Menschen, innerhalb der Sexualität eine wichtige Rolle spielt.

Die Verwendung von Sexspielzeug innerhalb einer Beziehung, das Konsumieren von Filmen mit sexuellem Inhalt hat mit Pornographie nichts zu tun und ist eine legitime, oft sogar wünschenswerte Bereicherung der paarbezogenen Sexualität.

Pornographie als Delikt
Vor allem religiöse Fundamentalisten und Feministinnen sind die erklärten Gegner von Erotik und Pornographie, wenn auch aus völlig verschiedenen Motiven. Während die Kirchen Sexualität instrumentalisieren um ihre Gläubigen zum Sünder zu machen, fürchten Feministinnen die Degradierung der Frau zum Sexobjekt.

Als Sexualmediziner lehne ich jede Bevormundung Erwachsener ab. Es gibt schon genug Institutionen, die versuchen, selbst „das Bett“ zu reglementieren. Wir wollen niemanden zum Sünder machen, auch nicht zum Kriminellen. Ganz im Gegenteil.

Pornographie, was auch immer man darunter versteht, die Darstellung von „Sexualität auf Medien“ oder „Sex ohne Liebe“ ist und bleibt ein legitimer Bestandteil der menschlichen Sexualität.

Pornographie und Frauen
Männer und Frauen haben ganz grundsätzlich verschiedene Zugänge zum Sex. Während Männer über den Sex zur Beziehung kommen, ist bei Frauen der Sex die Folge einer Beziehung. Die Sexualität des Mannes ist wesentlich visualisierter als der der Frauen. Pornographie gilt deshalb als „typisch männlich“. Dennoch gibt es einen größer werdenden Markt für Frauen-Erotikartikel. Um ihm Rechnung zu tragen muss man besondere Voraussetzungen schaffen, denn Frauen haben andere sexuelle Vorlieben als Männer.

Judit Rabenstein vom (leider nicht mehr existierenden) Erotik-Lifestyle-Portal Magnolias weiß darüber zu berichten. Nach ihren Darstellungen bevorzugen Frauen erotische Filme mit ästhetischen, natürlich wirkenden männlichen und weiblichen Darstellern, wenn möglich ohne Silikon-Brüste, die von Männern heiß begehrt sind. Szenen mit Analsex und Cum-Shots sind für Frauen tabu. Sie bevorzugen Filme mit dem Hauptaugenmerk auf einem Vorspiel, mit eher zärtlichen, nicht zu harten Inhalten, lesbische Liebesszenen werden gerne akzeptiert.

Der Fachhandel bietet Erotikartikel für Frauen an, die diesen Anforderungen entsprechen.