Fallvignette: wie man nicht vorgehen sollte!
In meiner Praxis erschien im März 2020 ein junger Mann, knappe 18 Jahre alt, gemeinsam mit seiner Mutter.
Sie hatte meine Adresse über einen Selbsthilfegruppe in Deutschland erfragt. Folgender Sachverhalt wurde evaluiert: Im Rahmen der Stellung zum österreichischen Bundesheer wurde festgestellt, daß die Hoden dieses Mannes auffallend klein waren. (Anm.d.Autors: Solche „Fälle“ unterstreichen die Notwenigkeit, bei Männern auch die Hoden zu untersuchen). Er wurde in ein Linzer Krankenhaus überwiesen, in dem fachgerecht ein „Klinefelter-Syndrom“ festgestellt wurde. Grundsätzlich führt Testosteronmangel bei allen Männern zu Befindlichkeitsstörungen. Auch dieser Mann zeigte deutliche Mangelsymptome: Energiedefizit, Müdigkeit, Antriebsschwäche, mangelnder Muskelaufbau trotz intensiven Trainings und auch sexuelle Funktionsstörungen wie Erektionsschwäche und Verminderung der sexuellen Appetenz. Dass solche Symptome mit einer Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergehen, wird jeder Mensch bestätigen, Unvoreingenommenheit vorausgesetzt. Die sexuellen Störungen führen auch zu Bindungsängsten bis hin zur Beziehungsunfähigkeit. Körperlich fielen ein relativer schwächlicher, muskelarmer Körperbau auf und eben sehr kleine Hoden. Die Beurteilung der Hodengröße ist nicht so einfach, blosses Abtasten reicht meistens nicht, man braucht dazu ein Ultraschallgerät und reichlich an Erfahrung. Und jetzt kommt das eigentlich Wesentliche: trotz laborchemisch erbrachter Hinweise auf Testosteronmangel und trotz typischer Beschwerden war keiner der konsultierten Ärzte bereit, dem Mann Testosteron zu geben. Mit nicht nachvollziehbaren Argumenten wurde er auf „später“ vertröstet. Facit: selbstverständlich müssen solche Männer behandelt werden. Vor allem und ganz besonders in der Jugend, vorausgesetzt das Knochenwachstum ist abgeschlossen. Diese Voraussetzung ist bei diesem Mann erfüllt, ich werde ihm daher ohne weitere Verzögerung eine für einen so jungen Mann ausreichende Menge an Testosteron verabreichen. Dr. Georg Pfau im Juni 2021 |
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