Männer und SCHLAF

(Zuletzt bearbeitet im August 2021).

Schlafmangel macht krank. Er fördert Übergewicht, ist einer der Wegbereiter für chronische Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und Impotenz. Schlafmangel macht unsere Bemühungen zur Lebenszeitverlängerung (life span extending) zunichte und führt zu einer verminderten Lebenserwartung (early death).

Wie alles, was die Natur hervorgebracht hat, ist der Schlaf etwas Geniales. Seitdem es Leben gibt auf diesem Planeten, immerhin seit knapp vier Milliarden Jahren, sind alle Kreaturen an die Rotation der Erde um die eigene Achse gewöhnt, die wieder der Motor ist für den Tag-Nacht-Rhythmus. Die allermeisten Organismen – Fauna oder Flora – nützten die dunkle Zeit des Tages, die Nacht, zum Ausruhen und zur Regeneration. Dies ist unverzichtbar, denn die Leistung einer Zelle lässt sich nicht 24 Stunden am Tag aufrecht halten. Jede Zelle, und davon haben wir Menschen 100 Billionen, benötigt ausreichend (*1) Ruhephasen um den Verschleiß, der sich aus ihrer Funktion ergibt, zu reparieren. Die wahrscheinlich komplizierteste, aber auch zerbrechlichste Struktur einer Zelle ist die DNA, die Erbsubstanz. Jede Zelle (mit wenigen Ausnahmen) besitzt einen Zellkern, in dem die gesamte Erbsubstanz gelagert ist. Sie besteht aus etwa 3,5 Milliarden Basenpaaren und: sie ist alles andere als ein Museum! An ihr und mit ihr wird permanent gearbeitet. Es werden Informationen abgelesen, die für die Proteinsynthese und somit für die Aufrechterhaltung des Lebens notwendig sind. Im Zuge dieser Arbeit kommt es täglich zu tausenden Einzel- und Doppelstrangbrüchen sowie zu Basenverlusten, die allesamt wieder saniert werden müssen. Es ist selbstredend, dass eine nicht ausreichende Reparatur zum Einschleichen von Fehlern führt, Fehler, die sich in Form von Krankheiten bemerkbar machen.

Das Reparaturprogramm, das nachts über unsere DNA läuft, ließe sich sehr gut mit einem Antivirusprogramm vergleichen, das Fehler von der Festplatte unseres Computers beheben soll. Niemand käme auf die Idee, ein solches Antivirusprogramm vor dem kompletten Durchlauf abzuschalten. Tut man es trotzdem, können sich Fehler einschleichen. Nicht anders ist es mit unserer DNA: zu kurzer Schlaf beendet das Reparaturprogramm vor dessen Fertigstellung, es können sich Fehler einschleichen.

Forscher haben berechnet, dass unser nächtliches „Reparaturprogramm“ etwa 8 Stunden benötigt. Daraus ergibt sich die Empfehlung, etwa 8 Stunden lang zu schlafen. Und zwar nicht irgendwann, sondern nachts!

Die eben geschilderten Vorgänge sind hochkomplex und im Detail bereits weit erforscht. Schlafmedizin ist inzwischen eine eigene Wissenschaft und es sind dicke Bücher über das Schlafen geschrieben worden. Das zu diesen Vorgängen führende Hormon ist das Melatonin, unser Regenerations- und Reparaturhormon. Es wird nur während der Finsternis in der Zirbeldrüse gebildet. Sonnenlicht hemmt die Freisetzung von Melatonin, künstliche Lichtquellen (*2) auch.

Melatonin ist maßgeblich verantwortlich für den Ablauf der Reparaturvorgänge in unserer Zelle. Seine Aktivität ist an das Fehlen von Licht gebunden, eben an Finsternis, die gemessen wird mit eigenen Sensoren in der Netzhaut und an manchen Arealen der Körperoberfläche.

Dieser Zusammenhang zwischen Melatoninsynthese und fehlendem (Tages-) Licht ist verantwortlich dafür, dass es nicht egal ist, wann am Abend man zu Bett geht. Dass fehlender Nachtschlaf nicht tagsüber nachgeholt werden kann, dass Schichtarbeit ungesund ist und dass es so etwas gibt wie einen Jet-Lag. Alle diese Vorgänge lassen sich erklären mit der Kenntnis über Melatoninfreisetzung und Wirkung.

Melatonin fördert den Schlaf, senkt die Nachttemperatur unseres Körpers um ca. 1°C herab, um die Zellen abzuschalten. Denn „arbeitende“ Zellen können nicht repariert werden, so wie fahrende Autos nicht repariert werden können. Hier gilt: Zellleistung ist indirekt proportional zu der Regenerationsleistung.

Melatoninwirkung braucht noch andere geeignete Voraussetzungen, nämlichen gesunden Schlaf! Gesunder Schlaf weist eine physiologische Schlafarchitektur auf. Darunter versteht man eine regelmäßige Aufeinanderfolge von REM- und Non-REM-Phasen. Während der REM (rapid eye movement) Phasen arbeitet das Gehirn und die (geschlossenen) Augen bewegen sich rasch hin und her. In diesen Phasen träumt man, nicht sinnloserweise so wie manche glauben mögen, nein, ganz im Gegenteil, in diesen Phasen arbeitet das Gehirn auf Hochtouren, sie dienen der Psychohygiene. Eine gesunde Schlafarchitektur wird durch Tranquilizer, Alkohol oder andere Suchtmittel beeinträchtig. Sie wirken quasi wie eine Holzhammernarkose und zerstören die Regenrationswirkung des Schlafes. Solche Mechanismen begünstigen Störungen der Gehirnfunktion, führen zu psychischen Störungen, zu Depression und Burn-Out.

Ein geordneter Tagesablauf ist eine unverzichtbare Voraussetzung für gesunden Schlaf. Stresshormone sind die Gegenspieler von Melatonin, sie hemmen die Melatoninfreisetzung und machen somit den Schlaf weniger wertvoll. Die fehlende Melatoninleistung beeinträchtigt die Regenerationsleistung der Zellen und lanciert die Entstehung von Krankheiten.

Das Ende der Nacht

Die Erfindung des elektrischen Lichtes entkoppelt unseren Organismus vom natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus, der durch den milliardenjahrealten Lauf der Gestirne vorgegeben ist.

Die Glühbirne erleuchtet nachts den Planeten, was dazu führt, dass Zugvögel von ihren Reisewegen abkommen, sie hemmt aber auch die Melatoninsynthese in unserem eigenen Körper. Die Lichtfarbe bestimmt dabei maßgeblich das Ausmaß der Katastrophe: je goldener und rötlicher das Licht, etwa nach dem Vorbild der untergehenden Sonne, desto geringer wird die Melatoninsynthese gehemmt, nicht umsonst ist die Farbe der Liebe rot. Rötliches oder goldenfarbiges Licht wird als angenehm und gemütlich empfunden.

Je blauer und weißer das Licht, desto greller und unangenehmer wird es empfunden und desto mehr wird die Melatoninsynthese unterbunden. Blaues Licht wird als grell empfunden, nicht umsonst haben Einsatzfahrzeuge Blaulicht.

Drei Mal dürfen Sie raten, warum Kinder und Jugendliche schlecht schlafen, wenn sie den Abend vor dem Laptop verbringen! Bildschirmlicht ist grell und weiß und hat einen großen Blauanteil. Schlechte Voraussetzungen, um müde zu werden.

*1) Grundsätzlich ist das Schlafbedürfnis von Mensch zu Mensch verschieden, die meisten Studien gehen aber von einer „gesunden Schlafdauer“ von 6-8 Stunden aus.

*2) künstliche Lichtquellen hemmen die Melatoninsynthese und damit auch das natürliche Müdewerden. Fernseher und Computerbildschirme sind auch Lichtquellen, noch dazu sehr helle, – mit einem hohen Blauanteil.