Die Verantwortung des Sexualmediziners

(Zuletzt bearbeitet im August 2021).

Nichts unterliegt so sehr dem Wandel der Zeit und der Veränderung der öffentlichen Meinung wie die Sexualität, denn der Mensch hat – wie schon mehrmals erwähnt – seine Sexualität „kultiviert“. Was erlaubt ist und was nicht, was den „Guten Sitten“ entspricht oder ihnen widerspricht ist dem Wandel der Zeit unterworfen. Die Poenalisierung homosexueller Orientierung oder die Regulation des Schutzalters sind wohl die bekanntesten Beispiele dafür, wie der Gesetzgeber auf das Geschehen im Schlafzimmer Einfluss nimmt.
Die „Guten Sitten“ sind definiert als das, was die Mehrheit der recht und billig denkenden Menschen einer Gesellschaft als „normal“ empfindet, und das, werte Leser, kann sehr wohl mit der Wissenschaft kollidieren. Unter dem Edikt eines Verhaltens wider die „Guten Sitten“ sind Hexen verbrannt, Wissenschafter (Galileo Galilei, Magnus Hirschfeld) inkriminiert und Homosexuelle inhaftiert worden.

Weil Liebe und Sex ein so wichtiges Kapitel für das Gelingen einer Partnerschaft und des gesamten Lebens darstellen ist der Therapeut, der dieses heikle Thema zum Inhalt seiner Tätigkeit macht, besonders gefordert.

Die gesellschaftliche Konstante der „Guten Sitten“ ist eine Universalie, die nicht unterschätzt werden darf, dennoch hat sich der Sexualwissenschafter der Wissenschaft verpflichtet zu fühlen und dabei seine persönlichen, subjektiven Anschauungen und Befindlichkeiten ausser acht zu lassen.

Der Arzt, der sich an die Sexualmedizin heranwagt sollte sich selbstkritisch hinterfragen, ob er sich dazu geeignet fühlt. Sexualität ist (fast) so alt wie das Leben auf diesem Planeten, man darf nicht versuchen, sie auf momentane, vom Menschen gemachte Gesetzlichkeiten abzustimmen oder zu reduzieren. Der Sexus des Menschen hat sich seit Jahrtausenden nicht verändert, schon viele Reglementierungen erfahren und überlebt, wengleich auch viel Leid hinnerhmen müssen.